Letztens habe ich gelesen, dass Analsex als der neue Oralsex gehandelt wird. Er scheint also langsam aus der Schmuddelecke herauszukommen, in der er die letzten Jahr(zehnt)e festgesteckt hat.
Analsex kann viel Spaß machen und intensive Orgasmen bringen, aber für viele ist er, zumindest im Kopf, immer noch mit Vorurteilen und auch Schmerzen verbunden. Höchste Zeit also mal darüber zu sprechen und (im wahrsten Sinne) etwas Licht ins Dunkel zu bringen, wie er für beide Partner*innen zu einem erfüllenden Erlebnis werden kann.
Analsex: was darunter verstanden wird
Als Analsex wird Sex dann bezeichnet, wenn einer der Partner*innen in den Anus der*des andern mit dem Penis, dem Finger oder einem Sextoy eindringt. Penetriert die Frau den Mann auf diese Weise, trägt dies noch einmal einen besonderen Namen, nämlich Pegging. Dabei kann die Frau dem Partner (aber auch der Partnerin) zum Beispiel mit einem Strapon, also einem Umschnalldildo anale Lust verschaffen.
Haben Männer in der Vergangenheit oft eine verteidigende Position bei diesem Gedanken eingenommen, weil sie glaubten dann gleich als homosexuell zu gelten, entdecken nun auch mehr Männer ihre Freude daran. Denn diese Art der Prostata-Stimulation kann beim Mann zu intensiven Orgasmen führen.
Man sagt es ist der einzige Moment, in dem der Mann die Frau davon zu überzeugen versucht, dass dein Geschlechtsteil wirklich nicht so sehr groß ist.
Stehen Männer und Frauen gleichermaßen auf Analsex?
Hört man sich im männlichen Bekanntenkreis um und schaut man sich an, wie häufig der Begriff auf Porno Seiten gesucht wird (2018 war „Anal“ das am häufigsten gesuchte Wort auf Pornhub), könnten wir den Eindruck bekommen, dass Analsex für Männer das Nonplusultra zu sein scheint.
Gleichzeitig höre ich von Männern häufig, dass die jeweilige Frau dem Ganzen nicht so offen oder sogar eher abgeneigt gegenübersteht.
Also wieder so ein Gender-Gap? Doch auch das scheint sich zu ändern, wenn man sich die Verkaufszahlen für Anal-Sextoys der vergangenen Jahre ansieht, deren Verkaufszahlen stetig steigen und in manchen Ländern sogar die meistverkauften Produkte sind.
Ist der Reiz für die Männer vielleicht das „Verbotene“ oder auch „Schmutzige“, hat genau das gleichzeitig viele Frauen wohl bisher zu sehr abgeschreckt, um es zu probieren. Zudem wird durch die Art der Darstellung in Pornos oft suggeriert, dass Analsex genauso wie der vaginale Sex funktioniert und häufig eher wie ein Quickie daher kommt. Der Zahn wird wohl jedem Mann und auch jeder Frau schnell gezogen worden sein beim ersten Kontakt mit Analsex. Slow (zumindest zu Beginn) ist hier die Devise.
Auch die Frauen scheinen Analsex mehr und mehr zugeneigt zu sein. Vielleicht, weil sie festgestellt haben, dass bei der richtigen Durchführung sehr intensive Orgasmen auf sie warten und es auch bei weitem nicht so „schmutzig“ ist, wie es vielleicht in der Fantasie der Fall war. Aber um diese Freuden erleben zu können, sollten einige Dinge beachtet werden.
Das ist wichtig beim Analsex
Beidseitiges Einverständnis und Interesse
Besonders wenn ihr noch nie Analsex hattet, sollte alles mit Kommunikation und einem beidseitigen Einverständnis beginnen. Also bitte keine unangekündigten Übersprungshandlungen, nur weil ihr ja vielleicht schon „in der Gegend“ seid. Damit macht ihr jegliches Vertrauen und damit auch die Offenheit für zukünftiges Experimentieren kaputt. Auch wenn ihr schon öfter Analsex hattet, solltet ihr euch zumindest über einen bestätigenden Blick der*des Partners*in das Einverständnis abholen.
Ihr könnt auch ein „Safeword“ ausmachen. Diese Praktik kommt zwar aus dem BDSM, kann aber auch bei allen anderen sexuellen Praktiken helfen dem Gegenüber zu signalisieren zu stoppen oder auch langsamer weiterzumachen.
Mentale Vorbereitung
Wenn ihr euch also einig darüber seid, dass ihr Analsex ausprobieren möchtet, dann ist die richtige Einstimmung und Vorbereitung das A und O bzw. der beste Garant dafür, dass es später zu „aaahhhs“ und „ooohhhs“ kommen wird.
„Energy flows where attention goes“ gilt auch hier. Wer Schmerzen erwartet, wird sie auch eher empfinden, denn euer Kopf ist dann schon darauf eingestellt, wartet praktisch darauf und euer Körper ist angespannter als nötig. Denkt lieber daran, dass sich euer ganzer Körper entspannen darf und seid neugierig. Zusätzlich könnt ihr, wenn es losgeht auch ganz bewusst atmen und den Atem in Gedanken in Richtung eures Anus schicken und euch vorstellen, wie euer Schließmuskel sich mit jedem Ein- und Ausatem mehr und mehr entspannt.
Thema Sauberkeit beim Analsex
Viele scheuen vor Analsex zurück, weil sie denken es sei eine wohl im wahrsten Sinne schmutzige Angelegenheit. Wenn wir allerdings nicht gerade auf die Toilette müssen, ist unser Enddarm relativ sauber. Wer sich besser fühlt, kann vorher unter die Dusche springen (das könnt ihr auch als gemeinsames Vorspiel nutzen) oder auch eine Analdusche durchführen. Und ja, es kann natürlich sein, dass auch mal ein paar kleine braune Flecken auf dem Bettlaken landen. Erfahrungsgemäß ist dies aber eher selten und im Eifer des Gefechts stört es dann auch nicht wirklich und überwiegt die Lust bei diesem gemeinsamen Erlebnis.
Ihr könnt (wenn ihr den Partner noch nicht lange kennt, solltet ihr) auch Kondome verwenden. Es gibt spezielle Kondome für den Analsex, die etwas dicker sind und nicht so schnell reißen. Damit ist die Angelegenheit für den gebenden Part hinsichtlich der Sauberkeit etwas angenehmer, wenn dahingehend Bedenken bestehen. Zudem sind Kondome natürlich ein Muss, wenn ihr nach dem Analsex noch einmal mit dem Toy oder dem Penis in die Vagina der Frau gleiten möchtet. Die Bakterien, die sich im Darm tummeln gehören nicht in das eher sensible vaginale Klima der Frau und können zu unschönen Reaktionen wie Vaginalpilz oder auch Blasenentzündungen führen.
Kondome zur Verhütung?
Allein durch den Analsex kann Frau nicht schwanger werden. Wenn ihr als Frau allerdings einen Partner habt und nicht zusätzlich hormonell oder auf andere Weise wie einer Spirale verhütet, dann besteht ohne die Verwendung eines Kondoms immer ein geringes Restrisiko, dass die Spermien ihren Weg in die Vagina finden und somit doch zu einer Schwangerschaft führen können. Wenn ihr also auf Nummer Sicher gehen wollt und nicht anderweitig verhütet, dann solltet ihr auch beim Analsex aus diesem besagten Grund auf die Nutzung eines Kondoms Wert legen.
Kleine Hilfsmittel versüßen das Erlebnis
Wenn ihr mit der Zunge beginnt den Anus des*der Partners*in zu liebkosen (auch Rimming genannt), ist Gleitgel für den Anfang nicht essentiell. Solltet ihr lieber mit dem Finger oder einem Sextoy starten, dann ist Gleitgel unerlässlich. Der Enddarm im Gegensatz zur Vagina produziert keine Feuchtigkeit, die eine gute Gleitfähigkeit gewährleisten würde. Daher ist die Devise in diesem Fall „mehr ist mehr“. Je mehr Gleitgel, desto besser. Denn wenn es zu trocken ist, dann können Schmerzen entstehen, weil die sensible Haut am Anus und im Enddarm dann leicht durch die Reibung Risse bekommen kann, die dann Schmerzen (und sich auch entzünden könnten).
Wenn ihr Toys verwenden möchtet, fangt klein an. Es gibt z. B. Anal-Plugs in verschiedenen Größen bis hin zu Anal-Vibratoren und -Dildos. Erlaubt ist hier was Spaß bringt. Jedoch solltet ihr euch auch da langsam herantasten und darauf achten, dass die Toys so geformt sind oder ein Rückholbändchen haben, dass sie nicht komplett im Anus verschwinden können.
Stimmt bei der Verwendung von Sextoys auch unbedingt das Gleitgel darauf ab. Also Gleitgel auf Wasserbasis für Silikon-Toys, denn Silikon-Gleitgele können das Toy sonst beschädigen. Es gibt auch spezielle Anal-Gleitgele, probiert aus, was für euch am besten passt.
Vorteil, wenn ihr mit den Fingern oder einem kleinen Anal-Toy startet, dass ihr den Schließmuskel langsam weiten könnt, damit ihr wenn gewünscht dann etwas später leichter mit dem Penis oder dem Strapon eindringen könnt.
Zeit ist euer Freund
Wie schon gesagt, „slow“ ist die Devise und Zeit ist euer Freund. Zumindest, wenn ihr noch nicht so viel Erfahrung mit Analsex habt, solltet ihr euch ausreichend Zeit nehmen und stets miteinander im Kontakt sein. Achtet nicht nur auf die verbalen Signale, sondern auch auf die Signale des Körpers der empfangenden Person. Denn bei dieser Art des sexuellen Spiels gibt definitiv die empfangende Person das Tempo vor!
Wenn ihr öfter Analsex hattet, wisst, dass ihr eure Freude daran habt und wie ihr euch recht schnell entspannt, um „empfangsbereit“ zu sein, dann kann Analsex auch einfach zu einer Spielart des Sexes ohne große Vorbereitungszeit sein.
Dringt euer*e Partner*in dann langsam mit Finger, Toy oder Penis ein, hilft es manchmal selbst ganz leichten Gegendruck auszuüben, so habt ihr mehr Kontrolle darüber wie weit und schnell der*die andere eindringt. Auch hier, lasst euch Zeit, wartet immer wieder einen Moment ab, damit sich der Schließmuskel in der neuen Position weiter entspannen kann. Und nutzt Gleitgel, Gleitgel, Gleitgel! Bewegt euch selbst ganz sanft vor und zurück, damit sich das Gel gut verteilen kann und der Schließmuskel weiter sanft gedehnt wird. Irgendwann werdet ihr merken, dass der „kritische Punkt“, an dem es wehtun könnte überwunden ist und die Muskulatur soweit entspannt ist, dass der restliche Teil des Fingers, Toys oder Penisses dann leichter aufgenommen werden kann.
Viele Männer sagen, dass der Reiz am Analsex für sie in gebender Rolle unter anderem auch der ist, dass es sich für sie enger anfühlt. Gleichzeitig berichten viele aber auch, dass sich die Muskulatur im Anus während der analen Stimulation soweit entspannt, dass für sie irgendwann praktisch kein Unterschied mehr zu bemerken ist zwischen vaginaler oder analer Penetration. Entspannung ist also wirklich das Zauberwort.
Welche Stellungen eignen sich am besten?
Auch das ist wohl Geschmackssache. Häufig wird hier die Reiterstellung genannt, da die Frau hier oben sitz und so mehr Kontrolle hat. Allerdings scheint diese Position bei vielen Frauen nicht die ausreichende Entspannung des Schließmuskels mit sich zu bringen, um den unten liegenden Part in sich aufzunehmen.
Zu größerer Entspannung kann da eher die Löffelchenstellung verhelfen, in der der gebende Part hinter der empfangenden Person liegt. Aber auch im Doggy Style oder der Magic Mountain Position ist der Winkel für die Frau oft passender und der Takt kann auch hier von der empfangenden Person noch recht gut vorgegeben werden und der magische 45°-Winkel kann eingehalten werden (dieser macht es leichter das Toy oder den Penis in sich aufzunehmen).
Es bleibt allerdings auch zu sagen, dass es aufgrund unserer sehr individuellen körperlichen Voraussetzungen für manche Person doch eine schmerzhafte Angelegenheit sein kann. Wenn der Penis des Mannes einfach zu lang oder vor allem vom Durchmesser her zu groß ist, dann ist Analsex einfach nicht die richtige Spielart für euch. Nehmt also Rücksicht auf einander und redet auch hier über die Möglichkeiten, aber auch Grenzen.
Orgasmus beim Analsex
Eine in diesem Zusammenhang oft zitierte Studie ist die, die von Wissenschaftler*innen der Indiana University School of Health bei 6.000 Frauen zum Thema Analsex durchgeführt wurde. Während 64 % angaben beim vaginalen Geschlechtsverkehr einen Orgasmus zu haben, gaben beeindruckende 94 % der Befragten an, beim Analsex zum Orgasmus zu kommen.
Woran das liegt? Der Anus ist von unzähligen Nervenenden umschlossen und somit eine hochsensible, erogene Zone unseres Körpers. Wenn dieser Bereich stimuliert wir, werden die Signale zum einen direkt ans Gehirn weitergeleitet, zum anderen wird durch die Penetration beim Analsex auch die Vagina und damit auch die Klitoris mit stimuliert. Durch diese Kombination an Mehrfachstimulation können dann auch die beschriebenen, äußerst intensiven Orgasmen auftreten. Ist der Mann der empfangende Part z. B. beim Pegging, wird bei ihm die Prostata stimuliert, wodurch auch er sehr intensive Orgasmen erleben kann.
Fazit
Give it a try! Analsex ist definitiv etwas was ihr ausprobieren oder auch eine zweite Chance geben solltet, wenn das erste Mal nicht gleich so berauschend war. Es ist eine sexuelle Spielart, die zumindest für die meisten mit der Zeit immer besser und reizvoller wird.
Zudem führt sie auch nicht selten zu einer engeren Bindung innerhalb der Beziehung, weil sie etwas sehr intimes und verletzliches hat und viel Respekt füreinander und Rücksicht aufeinander voraussetzt.
Lasst euch Zeit, nutzt viel Gleitgel und genießt das miteinander im Kontakt sein! Und liebe Männer, lasst euch mal auf das Experiment ein von eurer Liebsten liebevoll genommen zu werden!
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