Im Internet finden wir Tests, welcher Typ Mann oder Frau wir sind und auf welchen Typ wir stehen bzw. wen wir uns aussuchen sollten, damit es eine glückliche Beziehung wird. Wir haben uns also gefragt, ob die Partner*innenwahl wirklich eine Typfrage ist.
Wie oft endet eine Beziehung oder ein eigentlich so aussichtsreiches Kennenlernen mit dem abschließenden Kommentar „Ich suche mir aber auch immer die falschen Männer*Frauen aus“? Warum denken wir das und sind online Testverfahren wirklich hilfreich, um uns beim nächsten Mal vor dieser scheinbaren Wiederholungstat abzuhalten?
Der feine Unterschied
Nur weil Menschen nach wissenschaftlichen Maßstäben schön sind, heißt das nicht, dass wir auf sie stehen. Laut amerikanischer Psychologen des Wellesley College Massachusetts finden 50 % der 35.000 befragten Probanden Gesichter aufgrund ihrer Symmetrie attraktiv und die anderen 50 % aufgrund persönlicher Präferenzen. Diese Präferenzen sind Ergebnis unserer sozialen Prägungen, unserer Erziehung, aber auch des Medienkonsums.
Wenn wir sagen können, dass wir jemanden attraktiv finden, bedeutet dies aber noch nicht, dass wir die Person auch anziehend finden als Partner*in. Und wie häufig kommt es vor, dass wir uns verlieben und sagen „eigentlich ist es gar nicht mein Typ Mann*Frau“. Unser*e Partner*in muss also nicht dem Typ Mensch entsprechen, den wir als attraktiv bezeichnen würden, wären wir Teil einer solch groß angelegten Befragung.
Ein Freund sagte mir einmal, dass er total auf Blondinen steht, aber heiraten würde er dann nur eine Dunkelhaarige. Ist das dann also eine Ausnahme in Sachen Typfragen?
Sinn und Unsinn von Tests
Ich (Julia) stehe Tests, die die eigene Persönlichkeit ermitteln sollen, oder eben die Passung zu anderen Menschen, generell eher skeptisch gegenüber. Daher würde ich diese Art Tests auch eher als „Tendenzen-Beschreibungen im derzeitigen Kontext“ betiteln. Manche mögen sich in den Ergebnissen solcher Tests wiederfinden, die Kehrseite allerdings ist, dass uns die Einteilung oft auch die Möglichkeit nimmt anders zu handeln. Bewusst oder unbewusst bestätigen wir dann also in unserem Verhalten das, was wir über uns durch das Testergebnis zu wissen glauben.
Hinsichtlich der Traumfrau*mann-Tests wäre es doch schade, wenn wir dann nur noch genau nach der einen Person Ausschau halten würden und dabei den*die eigentliche Traumpartner*in übersehen, weil er*sie auf den ersten Blick nicht in unser Beuteschema zu passen scheint.
Natürlich machen es uns Tinder und Co. leicht uns als ersten Eindruck über das rein Visuelle leiten zu lassen. Vielleicht stellen wir aber dann auch fest, dass die äußerliche Passung nicht zwangsläufig auch eine darüber hinausgehende Passung mit sich bringt. Ok, wer keine Beziehung sucht, ist wohl bei diesen Apps hervorragend aufgehoben, da wir dann wirklich unseren äußerlichen Präferenzen freien Lauf lassen können.
Doch wenn ich selbst zurückblicke auf meine vergangenen Beziehungen, hätten die Personen unterschiedlicher kaum sein können.
Wenn ich gefragt würde, dann würde wohl auch ich sagen, ich finde einen bestimmten Typ Mann*Frau attraktiv. Doch wenn ich selbst zurückblicke auf meine vergangenen Beziehungen, hätten die Personen unterschiedlicher kaum sein können. Und doch waren es wundervolle Beziehungen, die manchmal kleinere oder auch größere Lerngeschenke an meine persönliche Entwicklung waren. Aber es hat gedauert, bis ich dies auch so anerkennen und für mich nutzen konnte.
Warum wir immer den*die Falsche zu wählen scheinen?
Genau das ist denke ich auch eher der Knackpunkt, wir suchen uns Menschen als Partner*innen aus, mit denen wir wachsen können. Es sind meiner Ansicht nach immer die richtigen Personen zur richtigen Zeit, auch wenn dies auf den ersten Blick schwer nachvollziehbar scheint.
Wer diesen Gedanken „warum gerate ich immer an die falschen Männer*Frauen“ hat, sollte einmal genauer hinsehen. Dass wir uns wieder und wieder für Menschen mit vielleicht ähnlichen Verhaltensweisen entscheiden, sagt häufig mehr über uns selbst aus als über das Gegenüber.
Diese Einsicht ist meist unbequem und die Arbeit daran, diese Vorlieben zu verändern ist oft noch unbequemer. Doch der Prozess lohnt sich, denn danach erkennen wir meist früh genug, ob jemand zu uns passt oder nicht, ob jemand uns gut tut oder nicht und können dementsprechend handeln. Oft liegen die Quellen für die Wahl der Partner*innen in der frühen Kindheit, unserem späteren sozialen Umfeld oder auch ersten Beziehungen. Die Gründe sind somit sehr individuell und sollten in professioneller Begleitung beleuchtet werden.
Fazit
Schön bedeutet nicht gleich attraktiv. Unsere Partnerwahl muss nicht mit dem übereinstimmen, was wir sonst als attraktiv oder als „unseren Typ“ bezeichnen würden. Geraten wir „immer“ an die falschen Personen, sollten wir Zeit und Muße investieren genauer hinzusehen und die Botschaft dahinter lesen zu lernen.
Photo by Joshua Ness on Unsplash